Vielfalt fördern, Potenziale nutzen: Markus Brettschneider, CEO der Viega Group, im Interview

Da fallen mir viele herausragende Frauen ein. Jede von ihnen hat meinen Weg nachhaltig geprägt. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir in diesem Zusammenhang meine erste Chefin: eine Frau an der Spitze eines internationalen Konzerns, die mir als jungem Lehrling ihr Vertrauen schenkte und mir die Möglichkeit gab, mich zu beweisen. Ich durfte also früh erleben, was weibliche Führung auszeichnet – aufgewachsen in einem Elternhaus mit traditionellen Rollenbildern, war das für mich ein Aha-Moment. Vor 25 Jahren gab es noch relativ wenig Frauen in vergleichbaren Positionen.

In den niederländischen und schweizerischen Unternehmen, für die ich im Laufe meiner Karriere arbeiten durfte, war es selbstverständlich, dass Frauen Schlüsselpositionen bekleiden. Konkret erinnere ich mich an eine Managerin-Kollegin, von der ich damals viel gelernt habe – fachlich wie menschlich. Ihr analytischer Verstand, ihre Menschlichkeit und ihre Führungsstärke haben mich inspiriert und auch meinen persönlichen Führungsstil geprägt. Und heute arbeite ich bei Viega in einem Unternehmen, in dem ebenfalls eine starke Frau als Gesellschafterin mit an der Spitze steht.

Sie sehen: Frauen haben meinen beruflichen Weg entscheidend mitgeprägt – und prägen ihn immer noch. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Natürlich muss man sich grundsätzlich bei derlei Fragen vor Verallgemeinerungen in Acht nehmen. Aber gerade in Bezug auf den Confidence-Aspekt beobachten wir leider nach wie vor ein bestimmtes Muster: Frauen haben immer noch Skrupel, sich für ausgeschriebene Führungspositionen zu bewerben; bekommen sie diese angeboten, zögern sie oft und stellen ihre Kompetenz in Frage. Bei Männern ist das viel seltener der Fall – das bestätigen auch diverse Studien. Genau hier setzt die Confidence Academy an: Das Programm schafft Selbstvertrauen, stärkt das Netzwerken und fördert einen offenen Austausch.

Am Ende profitieren alle Beteiligten – und damit auch das Unternehmen. Genau deshalb engagieren wir uns bei Viega gezielt für Diversität. Wir glauben an die Kraft unterschiedlicher Hintergründe, Erfahrungen und Sichtweisen – geografisch, kulturell, politisch. In einem Umfeld, das Offenheit ermöglicht, entstehen Kreativität, neue Ideen und zukunftsfähige Lösungen. Das ist nicht nur eine Frage der Haltung, sondern ein ganz zentraler Bestandteil unserer Unternehmenskultur.

Klar ist: Ein Unternehmen verändert sich nicht über Nacht – Veränderung ist ein stetiger Prozess. Die Confidence Academy hat jedoch viel in Bewegung gesetzt. Vor allem ist das Thema Sichtbarkeit und Förderung von Frauen bei uns deutlich stärker ins Zentrum gerückt. Wir haben begonnen, viele Bereiche neu zu denken – etwa in der Frage, wie wir Führungspositionen besetzen. Wir schauen bewusst diverser, hinterfragen unsere Auswahlprozesse. Natürlich braucht es dafür auch entsprechende Talentpipelines – in diesem Bereich befinden wir uns definitiv noch im Aufbau. Aber klar ist: Diversität darf kein Nebenaspekt sein – und am Ende zählt die Qualität, fachlich wie menschlich. 

Zunächst einmal finde ich es grundsätzlich wichtig, gerade das Handwerk insgesamt wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken – für Mädchen und Jungen. In vielen Köpfen gilt das Studium noch immer als einzig erstrebenswerter Weg. Dabei ist ein Handwerksberuf enorm wertvoll – gestalterisch, abwechslungsreich, zukunftssicher und längst nicht mehr so körperlich belastend wie früher. Gerade durch technologische Entwicklungen ist vieles einfacher geworden – das hilft nicht nur Frauen, sondern generell allen, die nicht dem klassischen Kraftideal entsprechen.

Mein größter Wunsch ist, dass jede und jeder sich bei Viega sicher fühlen kann – unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion oder Weltanschauung. Denn nur in einem Umfeld, das von Vertrauen und Respekt geprägt ist, können Menschen wirklich sie selbst sein, sich einbringen, Ideen äußern – und das ist die Grundlage für Kreativität, gute Entscheidungen und nachhaltigen Unternehmenserfolg.

Natürlich gehört dazu auch ein gewisser Leistungsanspruch. Aber gute Leistung entfaltet sich erst richtig, wenn die Basis stimmt. Die Förderung von Frauen ist in diesem Zusammenhang kein Sonderthema, sondern integraler Bestandteil einer modernen Unternehmenskultur.

Ich möchte auch persönlich, als Vater, dass Eltern mit gutem Gefühl sagen können: Mein Kind ist als Lehrling oder Mitarbeiter bei Viega gut aufgehoben. Weil wir nicht nur erfolgreich sein wollen, sondern uns auch sehr bewusst damit beschäftigen, wie wir erfolgreich sind. Das ist Teil der Familienverfassung unserer Inhaberfamilie, die auch für uns als Mitarbeitende den Rahmen setzt – und diesen Anspruch tragen wir in unsere tägliche Arbeit.